In Northland haben wir zwei Mädchen aus Auckland getroffen. Sie waren der Stadt für ein Wochenende entflohen und auf dem selben kleinen Platz direkt am Meer untergekommen. Wir unterhielten uns viel und sprachen auch über die Südinsel. Auf das Stichwort „Christchurch“ sagten sie nur kurz: „There is nothing to see after that earthquake. You don’t need to go there“. Nicht nur weil wir im Anschluss von Christchurch nach Bangkok fliegen, haben wir trotzdem einen Stopp hier eingeplant.
Akaroa – Klein-Frankreich
Bevor wir uns jedoch nach Christchurch begeben, machen wir noch einen kleinen Abstecher auf die vorgelagerte Halbinsel Banks-Peninsula, genauer gesagt nach Akaroa.
Das Land um Akaroa wurde eigentlich während der Besiedelunh Neuseelands von Frankreich gekauft. In der Zeit in der Frankreich erste Siedler senden wollte, haben jedoch die Briten in Neuseeland Einzug gehalten. Die Franzosen kamen also in Akaroa an, jedoch gehörte Ihnen das Land nicht (mehr). Eine französische Siedlung ist dennoch entstanden. Bis heute herrscht dort ein großer frankophoner Einfluss.
Die kleine Hafenstadt mit französischem Flair liegt auf einer Halbinsel, die vulkanischen Ursprung hat. Die dortigen Vulkane haben diese Landmasse bei ihren Ausbrüchen erschaffen. Heute ist davon nicht mehr viel zu sehen: alles ist grün bewachsen und bergig. Doch die Berge sind die Gipfel und Krater der ehemalig aktiven Vulkane. Krater an denen wir heute einfach mit einem Camper-Van entlang der Summit Road (Scenic Route 1) brausen können. Eine Route, die die ohnehin kurvige Strecke noch deutlich verlängert, jedoch auch deutlich bereichert. Es bieten sich sehr schöne Blicke auf die kleine Siedlung Akaroa, über die grünen vulkanischen Berge als auch auf das Meer, immer entlang steiler Abgründe und Klippen.
Akaroa biete eine Vielzahl an Restaurants, Shops und Bootstouren, um Delfine und/ oder Pinguine zu sehen. Wir nehmen keine dieser Touren wahr, da wir diese Tiere bereits ohne eine solche Tour sehen durften. In Akaroa verweilen wir bei einem Mittagessen und Kaffee und schlendern durch die kleinen Straßen und Geschäfte. Und es fühlt sich an diesem Tag tatsächlich wie ein Stück Frankreich an. Und das 18.000km davon entfernt.
Christchurch: Wiederaufbau in Gange
Der 22. Februar 2011 hat einen festen und traurigen Platz in der Historie Christchurchs. Christchurch ist eine Stadt, die auf der Schwelle zwischen zwei tektonischen Platten liegt. Nicht überraschend, dass Erdbeben in dieser Region keine Seltenheit darstellen. Die Stadt kennt Beben und auch Nachbeben, nicht jedoch in der Stärke und Intensität wie an diesem 22. Februar und nicht zu einem Zeitpunkt an denen die Infrastruktur schon geschwächt ist (durch ein starkes Vorbeben in 2010). Das Ausmaß der Verwüstung ist im Stadtgebiet riesig: Gebäude stürzen ein, Strom- als auch Wasserverbindungen werden zerstört und Menschen kommen in diesem Chaos um oder werden schwer verletzt.
Die Auswirkungen des Erdbebens reichten jedoch auch weit über Christchurch hinaus. Schon am Tasman Glacier Lake nahe Mount Cook (etwa 300km entfernt) hatten wir gehört, dass Teile des Gletschers weggebrochen sind und dabei große Wellen auf dem Gletschersee ausgelöst haben. Die Kapitäne der kleinen Tour-Boote, die in diesem Moment auf dem See waren, hatten eine der schwersten Aufgaben ihres Lebens.
Das Hauptbeben in 2011 forderte 185 Opfer. Mehr als 2.000 Menschen wurden verletzt. Das gesamte Stadtzentrum wurde durch das Militär abgeriegelt und bewacht. Ein Szenario das so unglaublich klingt, wie es war. Auch wenn die exponierte Lage der Stadt es vermuten lässt, auf solche Naturkatastrophen war man nicht vorbereitet und kann man auch nicht vorbereitet sein.
Heute ist das Stadtbild von gestützten Gebäuden geprägt, so auch die Christchurch Cathedral. Neben diesen Gebäuden mussten andere Häuser gänzlich abgerissen werden und bilden heute unbebaute Lücken im Stadtbild. An anderen Stellen wurden bereits neue Gebäude erreichtet und zeigen ein Teil der neuen Stadtplanung. Der Wiederaufbau wird jedoch noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Über die Bemühungen und das zukünftige Stadtbild informiert ein Informations-Stand am Cathedral Square.
Wir laufen durch die Stadt und betrachten die Orte der Verwüstung und die Orte des Wiederaufbaus voller Erstaunen. Die gestützte Kathedrale am Cathedral Square und als Gegenstück dazu die Shopping Mall re:start, die zügig aus Containern errichtet wurde und ein Zeichen der Hoffnung ist. Gebäude die für den Abriss vorgesehen sind direkt neben einer als Ersatz gebauten Kirche (Cardboard Chapel). Die Gegensätze in dieser Stadt sind groß, doch genau das macht sie auch heute – entgegen der Meinung einiger Menschen – zu einem spannenden Reiseziel.
Achtung Polizei
Christchurch war bei uns aus noch einem weiteren Grund spannend: wir hatten nun doch – kurz vor Ende unserer Neuseeland-Tour – das Vergnügen bei einer Polizeikontrolle teilnehmen zu dürfen. Wir hatten ja Bedenken, dass die Befestigung des Kindersitzes in der vorderen Sitzreihe in Neuseeland nicht zugelassen ist, doch der Polizist beanstandete das nicht. Auch seinen Alkohol-Schnelltest habe ich mit Bravour gemeistert und so konnten wir nach nur kurzem Halt einfach weiter fahren.
Übernachten in Christchurch mit Campervan
Die Möglichkeiten in Städten wie Auckland, Wellington oder eben Christchurch sind zumeist teuer (Holidayparks) oder unschön (Parkplätze). Es gibt in Christchurch einen kostenlosen Stellplatz am Addington Park. Hier haben wir eine Nacht gestanden. Es handelt sich dabei jedoch um einen einfachen Parkplatz, der sehr früh sehr voll wird und keinerlei Privatsphäre verspricht. Aber er ist kostenlos und nah an der Stadt und direkt an einer großen Grundfläche mit Spielplatz.
Wir haben hier jedoch nur eine Nacht verbracht und in den kommenden Nächten lieber ein Stück Fahrt (30 – 40min) auf uns genommen, um ebenfalls kostenlos am Waikuku Beach zu stehen. Direkt am Meer, schön leer und ganz gute Toiletten (sogar eine kalte Dusche gibt es dort).
Doch Achtung: auf diesem Stellplatz kann es schnell mal etwas windiger werden. In einer der Nächte mussten wir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion unseren Van aus dem Windtunnel fahren, da er so schwankte und die Bäume über uns so knarrten, dass an Schlaf (außer für Paul, den das nicht störte) nicht zu denken war. Ein wenig weiter – illegal mitten im Ort – versteckt im Windschatten eines anderen Transporters konnten wir dann doch noch eine ruhige Nacht verbringen. Wildcampen aus der Not heraus.
Von dort aus haben wir einen Abstecher in die Therme nach Hamner Springs unternommen und uns den Vorort Lyttelton angesehen.
Lyttelton
Lyttelton gehört zu den Vororten von Christchurch, die am stärksten durch das Beben betroffen waren. Einst die kleine Hafenstadt in der die Kreuzfahrtschiffe anlegen, ist es heute eine Stadt im Wiederaufbau. Die Kreuzfahrtschiffe sind nach Akaroa abgezogen und kommen nur allmählich zurück: denn die Stadt ist an vielen Stellen schon wieder sehr schön.
Wir schauen uns den Wochenmarkt an (Fun Fact: Eva gelingt es doch tatsächlich alles ohne mein Wissen so zu timen, dass wir den Wochenmarkt exakt anfahren!) und genießen den warmen Sonnenschein mit Blick auf das Meer.
Good Bye New Zealand (or let’s say: see you again soon)
Uns wird immer bewusster, dass unsere Zeit in Neuseeland langsam ein Ende nimmt. Wir haben in den mehr als sieben Wochen eine Menge von diesem Land kennenlernen dürfen, kommen aber auch hier zu der Erkenntnis, dass es auf Reisen nie „genug Zeit“ geben wird. Uns fallen noch unzählige Dinge und Orte ein, die wir gern machen und sehen würden in Neuseeland. Doch das müssen wir jetzt auf ein „anderes Mal“ verschieben und nehmen vorerst Abschied. Unser Flug geht über Sydney nach Bangkok. In eine andere Welt.