Wir haben dazu gelernt in den vergangen Wochen und haben die Wettervorhersage nun besser im Blick. Der Plan ist dennoch das sonnige und warme Motueka – und damit den Abel Tasman Nationalpark – zu verlassen. Wir wollen Richtung Westküste und dabei einen Stopp bei den Nelson Lakes einlegen. Die Wetter-App behauptet dort sei „Weltuntergangswetter“ bei kälteren Temperaturen. Soso, bei nur 1,5 Stunden Fahrt… glauben wir nicht.
Einige Minuten später sehen wir unweit entfernt die dunkle Front auf uns zukommen und erhalten eine gratis Autowäsche (den Camper freut es, er muss ganz schön hart durch bei uns). Dennoch, der Regen lässt nach als wir ankommen am kleineren der beiden Seen: dem Rotoiti See. Wir nehmen Paul an die Hand und erkunden die Gegend, füttern Enten und beobachten ehrfürchtig die Kinder im See beim Segeln lernen. Denn der See ist sehr kalt und die Kinder ohne Neo und trotzdem badewütig. Sehr mystisch wirkt hier alles aufgrund des sehr dunklen Himmels und der tief hängenden Wolken. Doch die Hoffnung ist groß, denn laut Wetter-App wird es am Morgen besser aussehen.
Wir haben geplant hier zu schlafen, auf dem Kerr Bay Campingplatz des DOC. Von hier aus gibt es zahlreiche Wandermöglichkeiten, weshalb wir die Regenpause direkt dafür nutzen. Ob kurze ohne lange Wanderungen, der Nelson Lake Nationalpark ist wunderschön und jede der Wanderungen ist lohnenswert.
Spät am Abend reist dann auch der Wolkenhimmel auf und wir stehen komplett überwältigt vor der tatsächlichen Kulisse die bisher vom Wolkennebel verdeckt wurde. Und zum ersten Mal sehen wir die lang ersehnten mit Schnee bedeckten hohen Berge der südlichen Alpen.
Wenn man aus einer so flachen Gegend kommt wie wir, bleibt einem beim Anblick von Bergen mit Schneehaube direkt der Atem stehen. Oder es geht nur uns so, das wissen wir nicht, genießen es aber sehr. Nelson Lakes Nationalpark: das ist unser Start für die berühmte südliche Bergkette und er haut uns um.
Nachdem wir uns etwas in der Morgensonne gewärmt haben (in der Nacht fielen die Temperaturen auf nur 3°C ab!) sind wir nun auf dem Weg zur Westküste und machen den ersten Halt bei den Pancake Rocks in der kleinen Siedlung Punakaiki.
Der Weg dorthin allein ist ziemlich beeindruckend, denn man schlängelt sich durch wunderschöne Natur bis vor zum endlos scheinenden Meer der Westküste.
Da Paul friedlich und sehr lange schläft, machen wir hier kaum Zwischenstopps und sind so nach etwa drei Stunden Fahrt an den Pancake Rocks. Wie so oft wird Paul pünktlich am erreichten Ziel wach und wir können direkt loslegen mit der kleinen Wanderung entlang dieser surrealen Felsformationen. Aufgrund der sogenannten Schichtverwitterung haben die Steine hier die Form von gestapelten Pfannkuchen. Klingt seltsam, ist es auch, aber vor allem ist es sehr beeindruckend anzuschauen.
Die entstandenen Spritzlöcher können bei passenden Bedingungen (Flut und starker Wind) extreme Wassermengen nach oben katapultieren. Die Wassermassen die hier mit voller Kraft auf die Felsen und Höhlen treffen machen uns etwas Angst. Also nicht im wörtlichen Sinne, sondern sie machen uns bewusst, wie ausgeliefert wir als Mensch gegenüber der Natur sind und verschaffen sich damit unseren vollsten Respekt. Wir sind abermals sehr beeindruckt.
Wer übrigens, genau wie ich, beim Namen Pancakes Rocks schon Hunger auf die fantastischen amerikanischen Pancake-Stapel bekommt, wird hier nicht enttäuscht. Natürlich kann man in dem Restaurant am Parkplatz die leckere Kalorienbombe ordern.
Für uns endet der Tag mit der Ankunft in Hokitika auf dem sehr empfehlenswerten Shining Star Campingplatz. Ein Name der absolut nicht treffend ist, denn hier geht es nicht um Glamour oder Entertainment, sondern es gibt eine beachtliche Auswahl an Tieren die man besuchen kann (Schafe, ein dickes Schwein, Enten, Gänse, Ziegen, eine Katze), eine Höhle mit Glühwürmchen, die kostenlos besichtigt werden kann und dazu noch direkte Strandlage. Außerdem, was sehr selten ist: freies WLAN und kostenlose warme Duschen.
Nach einer ausgiebigen Joggingrunde am Abend habe ich quasi alles vom Ort und der Umgebung gesehen und dennoch, oder vielleicht gerade weil es so beschaulich hier ist, bleiben wir hier doch etwas länger.
Ein sehr empfehlenswerter Abstecher von hier aus führt zum Hokitika Gorge, einer sehr beeindruckenden Schlucht mit schon fast unecht wirkenden türkisfarbenem Wasser. Eine kleine, schöne und wenig anstrengende Wanderung führt uns hier an das Ziel.
Zurück im Ort geben wir endlich nach (da es unzählige Einrichtungen dafür in Neuseeland gibt) und gehen uns die unglaublich niedlichen Kiwis anschauen im National Kiwi Center. Lange haben wir uns gedrückt in der Hoffnung die niedlichen Tiere in freier Natur anzutreffen. Da wir aber bei unserer Tour an der Schlucht einen Vogel gesehen haben, der dem Kiwi verdächtig ähnlich sah, mussten wir nun rausfinden wie sie wirklich aussehen, die Kiwis (in echt und nicht ausgestopft oder abgedruckt). Eines ist uns schnell klar, unser Vogel war kein Kiwi.
An meinem Geburtstag geht es dann weiter zum nächsten großen Highlight: dem Franz Josef Gletscher. Der Name (wir erwähnen das mal, da er nicht wirklich neuseeländisch klingt) stammt hierbei vom österreichischen Forscher Julius Haast, der den Gletscher nach seinem Kaiser Franz Josef benannte.
Als Besucher können wir bis auf 5km nah an den Gletscher fahren und parken, um dann etwa 40 Minuten zum Aussichtspunkt zu wandern. Die Lage des Aussichtspunktes variiert interessanterweise je nach Wetterlage. Hat es gerade geregnet, so wird er weiter zurück gesetzt, da dass Flussbett, durch das die Wanderung führt extrem schnell überflutet werden kann. Der aktuelle Zustand und eine Information darüber wie nah sich die Besucher nähern dürfen befinden sich am Beginn des Wanderwegs.
Wir haben Glück und können ziemlich nah an den Gletscher wandern, da die letzten Tage recht trocken waren. Bedeutsam ist hier vor allem, wie weit sich der Gletscher schon zurück gezogen hat. Ging er noch vor 100 Jahren bis hinunter ins Tal, muss heute gewandert werden, um den Gletscher zu erreichen.
Nach wenigen Minuten erhaschen wir durch die Bäume einen ersten Blick auf den Gletscher. Wir sind total beeindruckt, denn genauso wenig wie Berge mit Schneekappe für uns selbstverständlich sind, sind es natürlich auch Gletscher.
Ein paar Tage zuvor haben wir eine Reisende kennengelernt, die in Österreich lebt. Sie meinte auf die Frage nach ihrem Eindruck vom Gletscher nur: „naja, die gibt es in Österreich halt auch, dafür muss ich nicht her kommen“. Das mag sein, denn tatsächlich ist dies ein ziemlich überlaufender Touristen-Magnet, aber für alle die – wie wir – keine schneebedeckten Berge und Gletscher vor der Tür haben, ist es hier vergleichsweise einfach sehr nah an diese zu gelangen. Das ist übrigens zeitgleich der Grund, warum der Franz Josef und der Fox Gletscher so bekannt sind: Sie sind leicht zu erreichen (denn auch in Neuseeland gibt es hunderte Gletscher, die jedoch nicht so leicht zu erreichen sind).
Auf dem Weg zum Schlafplatz halten wir dann noch bei der Galerie von Andris Apse an, der neuseeländische Landschaftsfotograf schlechthin. Wir stellen schnell fest, dass er zu recht so berühmt ist. Seine Arbeiten sind unheimlich beeindruckend. Wow!
Den Abend verbringen wir dann auf einem ziemlich empfehlenswerten DOC Campingplatz, der Ottos Corner Campsite, nur 10 Minuten von Franz Josef (der Ort am Gletscher wurde direkt auch so getauft) entfernt. Hier kann man sogar im See baden und dabei die sich darin spiegelnden Berge bewundern. Aber Vorsicht, warm ist anders, unsere Hemmschwelle was das Baden im kalten Wasser angeht, sinkt auf der Reise enorm.
Nach einer Gletscher-Wanderung bei Traumwetter versuchen wir uns am Folgetag bei einer Wanderung zum Fox Gletscher im Regen. Auch hier sind wir enorm beeindruckt, auch wenn uns der Regen mit kaltem Wind ins Gesicht gepeitscht wird. Wer genug Zeit hat, sollte sich beide Gletscher ansehen, so unser Fazit.
Für uns geht es weiter nach Haast, um von dort aus über den Haast Pass auf die andere Seite der Alpen zu gelangen. Next stop: Wanaka.